Heut' ist so ein schöner Tag, la la la la la - Schon der vierte Monat
- J. Kar
- 26. Okt. 2018
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Feb. 2019
Zu Beginn des Monats wurde eine Woche lang Gandhi Jayanthi (Gandhi‘s 150. Geburtstag) gefeiert. Wobei „gefeiert“ hier nicht westlich zu verstehen ist. Es gab keine große Party mit Musik und vielen Leuten. Stattdessen gab es jeden Tag activities rund um Gandhi. Da nicht nur die Schüler etwas über Gandhi lernen sollten, gab es auch für die Lehrer Aktivitäten wie Aufsätze schreiben, ein Wissens Quiz und Gesangs- und Tanzwettbewerbe. Logischer Weise konnten die Lehrer nicht an ihren Aktivitäten teilnehmen und gleichzeitig die der Kinder vorbereiten und durchführen, weswegen wir Freiwilligen zu fünft anboten in dieser Zeit Aktivitäten und Spiele mit den Kindern zu machen. Schnell bekamen wir die Erlaubnis der begeisterten Leiterin der High School, welche uns im gleichen Zug erklärte, dass wir jedoch nur an drei Tagen Aktivitäten planen sollten.
Da hier in Indien nicht nur die Mädchen, sondern auch die Jungen, sehr Tanz-begeistert sind, planten wir für den ersten Tag eine Tanzparty. Um jedoch auch etwas zum Thema ‚Indien‘ und ‚Gandhi‘ zu machen und um die knapp 400 Kinder etwas aufzuteilen, wollten wir parallel zur Tanzparty eine große Flagge aus den Handabdrücken der Kinder zu machen. Trotz ein paar anfänglichen Platzproblemen hatten alle Spaß und tanzten sogar den Macarena und zum Fliegerlied.
Für den nächsten Tag hatte uns die Leiterin der High School Unterstützung von den Lehrern zugesprochen, weswegen wir eine etwas größere Sache planten. Um sicher gehen zu können, dass wir auf die Zusammenarbeit mit den Lehrern zählen können, hielten wir am Nachmittag vor der Durchführung extra noch ein Meeting mit allen betroffenen Lehrern ab.
Als wir dann am nächsten Morgen motiviert starten wollten, wurde uns mitgeteilt, dass die Lehrer doch an anderen Aktivitäten teilnehmen würden und wir deshalb erneut alleine mit den Kindern sein würden. Ansich wäre dies kein Problem gewesen, hätten wir die Lehrer nicht fest als Hilfe eingeplant, da wir das Verhältnis 5 zu 400 recht stark fanden und mit Kommunikationsschwierigkeiten mit den jüngeren Schülern rechneten.
Wir hatten vor Schulbeginn fünf Stationen aufgebaut, welche von jeweils einem Freiwilligen geleitet werden sollte. Die erste Station war Sackhüpfen in Gemüsesäcken. Die zweite Station war ein Wasserrennen, bei dem die Kinder einen Teelöffel Wasser sicher durch einen Parcours bringen mussten. An der dritten Station mussten die Kinder um ein Sitzplatz bei der Reise nach Jerusalem kämpfen. Als nächstes kam der gordische Koten und an der letzten Station konnten sie sich im Kegeln üben. Als Kegel hatten wir Plastikflaschen mit etwas Sand gefüllt und angemalt. Die Schüler sollten an den Stationen in gemischten Gruppen teilnehmen, sodass in einer Gruppe alle Altersgruppen vertreten waren.
Nun stand jeder alleine mit rund 80 Schülern an seiner Station und versuchte diese der unruhigen Gruppe zu erklären. Zur Unterstützung sollten ein paar Schüler der 10. Klasse bei der Erklärung für die jüngeren Kinder helfen. Da diese sich jedoch lange nicht entscheiden konnten, wer von ihnen die Erklärung übernehmen sollte und alle auf einmal redeten, trugen sie eher zum Chaos bei als es einzuschränken. Deswegen beschloss ich, beim Wasserrennen, nach dem zweiten Durchlauf auf die Hilfe der 10. Klässler zu verzichten und sie lieber an den Spielen teilnehmen zu lassen. Die ersten beiden Durchgänge waren recht durcheinander gewesen, doch nach dieser Entscheidung lief das Ganze erstaunlich gut. Erst durch die Pause und dadurch die Vermischung der Gruppen verlor alles wieder etwas an Struktur. Auf einmal gab es Läufer, welche ich mindestens schon zweimal über die Startlinie sprinten gesehen hatte. An den anderen Stationen sah es sehr ähnlich aus, aber da nicht nur die Zeit schon kurz vor dem Ende war, sondern auch unsere Stimmbänder, beschlossen wir es gut sein zu lassen.
Trotz den anstrengenden Stunden hat der Tag unglaublich viel Spaß gemacht und könnte gerne wiederholt werden … Wobei es entweder etwas weniger als 80 Kinder pro Person sein sollten oder unterstützende Lehrer ganz gut wären.
Auch am letzten Tag unterteilten wir die Kinder in Gruppen. Eine Gruppe malte Bilder zum Thema ‚Gandhi‘ und die andere flocht Frendschaftsarmbänder. Währenddessen wurden immer klassenweise Kinder zu mir geschickt, damit wir die unfertige Flagge vom ersten Tag fertigstellen konnten.
Auch wenn wir viel Zeit in die Planung der Aktivitäten gesteckt haben, habe ich trotzdem auch das Ein oder Andere über Gandhi gelernt. Wusstest du zum Beispiel, dass Gandhi einen Brief an Hitler verfasst hat, welcher jedoch abgefangen wurde?
Nachdem Gandhi eine Woche besonders wertgeschätzt wurde, begann ich mein Bett sehr wertzuschätzen. Denn schon während den Feierlichkeiten hatte sich eine Erkältung eingeschlichen, welche sich passend zum Ende zu einer kleinen Grippe entwickelte. Natürlich war es nichts Schlimmes, aber es ist schon komisch bei 39 Grad im Pulli zu frieren.
Pünktlich zu den 13-tägigen Dussehra Ferien kam ich wieder auf die Beine. Während die Kinder diese in vollen Zügen genießen konnten, verbrachten alle Mitarbeiter die erste Woche in der Schule und nutzen die Zeit ohne Schüler zur Vorbereitung des Unterrichts oder wie ich für diverse Meetings. In der zweiten Woche gab es dann Ferien für alle Lehrer. Somit konnte ich die Zeit für die Einrichtung der Creative School nutzen. Zuerst begann ich die Räume als Grundierung zu streichen. Kurz nachdem ich angefangen hatte kamen ein paar mir zum Teil unbekannte Leute, welche sich in einem Halbkreis um mich stellten, mir zu guckten und auf Telugu diskutierten. Als ich fragte was los sei, fragten sie ob ich nicht einen Maler in Anspruch nehmen möchte, weil ich doch eine Frau bin. Als ich dankend ablehnte waren sie ziemlich ungläubig und guckten mir noch eine Weile dabei zu. Es war auf jeden Fall ein komisches Gefühl. Man trifft hier ab und zu auf Leute die denken, dass Leute man etwas nicht schaffen könne, weil man kein Mann ist.
Da es viel zu streichen gab und ich etwas Zeitdruck hatte, halfen mir später drei andere Freiwillige und ein paar Jungs die bei Sandhyamma wohnen und Collegeferien hatten. Nach drei Tagen Streichen waren wir endlich mit der Grundierung fertig. Jetzt fehlte nur noch die Malerei darauf. Das Außengelände sollte mit Blumen verziert werden, ein Klassenraum sollte mit dem englischen Bilderalphabet verschönert werden und in einem weiteren Raum sollten Matheformeln an die Wand. Wer mitgezählt hat weiß, dass mir nur noch zwei Schultage blieben. Glücklicherweise halfen die anderen Freiwilligen mit und zu sechst hatten wir bis Samstag Abend schon sehr viel geschafft. Trotzdem waren wir immer noch nicht fertig, weswegen wir beschlossen auch am Sonntag in die Schule zu gehen und alles fertig zustellen. Trotz einer Woche ohne Pause waren wir auch am Sonntag Abend immer noch nicht fertig. Da noch ein paar Kleinigkeiten fehlten beschlossen wir am Montag schon um 6:30 Uhr morgens in die Schule zu fahren um diesmal wirklich alles vor Schulbeginn zu beenden. Und tatsächlich wurden wir gerade fertig, als der Schulbus vorfuhr. Ich hatte die Kinder 2,5 Wochen nicht gesehen und echt vermisst, weswegen es um so schöner war ihre strahlenden Augen zu sehen als sie den neuen Look der Schule begutachteten.
Wir haben zwar alle meine Pläne für die Ferien umgesetzt, müssen in den nächsten Wochen jedoch trotzdem an einem Sonntag nochmal ans Werk, weil wir leider nicht genug Zeit für alle Klassenräume hatten. Doch auch wenn diese noch keine Malereien an den Wänden haben, werde ich diese in der kommenden Woche mit themenbezogenen Pinnwänden ausstatten.
Übrigens ist schon wieder eine neue Freiwillige hier im Aarti Projekt angekommen. Es handelt sich dabei um eine etwas ältere Frau aus Australien. Schon als ich hier in Kadapa angekommen bin wurde sie mir von den ehemaligen Freiwilligen angekündigt. Sie teilten mir ebenfalls mit, dass diese eine Extrabehandlung benötige. Wir haben hier in unserem Guesthouse zwei Doppel- und ein Einzelzimmer, da wir hier bisher zu fünft gewohnt haben, waren diese auch alle bezogen. Da es jedoch hieß, dass die neue Freiwillige ein Doppelzimmer für sich alleine beanspruche, zogen wir zu viert in eins der Doppelzimmer und überließen ihr einen großen Raum mit einem Bett.
Keine 10 Minuten nach ihrer Ankunft hieß es, dass wir unser Zimmer für sie räumen müssten. Wir hatten uns für dieses Zimmer entschieden, weil wir drei Einzel- und ein Doppelbett haben und die Anzahl der Betten sonst nicht aufgegangen wäre. Leider beanspruchte sie das Doppelbett jedoch für sich, dies begründete sie mit Rückenschmerzen. Für die erste Nacht gab sie sich mit einer „Notlösung“ zu frieden, doch am nächsten Tag kam Sandhyamma in der Schule auf uns zu um uns mitzuteilen, dass wir eine andere Lösung finden müssten. Nach einer längeren Diskussion wurde entschieden, dass wir alle ausziehen müssen. Wir sollen nun in naher Zukunft in unser eigenes Volunteer-Haus ziehen, damit die neu angekommene Freiwillige das Haus für sich alleine hat. Zwar konnten sich die Anderen darüber freuen, aber dadurch sehen wir unsere momentane Housekeeper-Familie nur noch zum Abendessen und die Kinder auf dem Weg zur Schule. Ich würde es schöner finden weiterhin mit ihnen zusammen leben zu können, um den engeren Bezug zur indischen Kultur zu behalten. Trotzdem ist es gleichzeitig ein weiteres Stück Kultur das ich somit kennenlerne. Ich wusste, dass Ältere mit mehr Respekt behandelt werden, aber nicht, dass fünft Leute wegen einer Person ausziehen müssen. In diesem recht krassen Punkt kann ich die Kultur zwar nicht verstehen, aber dennoch respektiere ich sie und sehe dem bereits 3. Umzug etwas positiver entgegen als zu Beginn. Trotzdem hoffe ich, dass es nun wirklich der letzte Umzug ist. Denn bisher habe ich Indien, Kadapa, Singapure City (Township) und dieses Guesthouse als Zuhause betrachtet. Doch bei jedem Umzug verschwindet das Gefühl ein Stück und muss sich erst von neuem einstellen.
Farbige Grüße aus Indien
Zia
P.s. Mir ist gerade erst zufällig aufgefallen, dass ich jetzt schon vier Monate hier bin. Ich bekomme gar nicht richtig mit, wie die Zeit rennt. Ich weiß, ich habe das jetzt schon in mehreren Einträgen geschrieben, aber es ist einfach so schwer zu realisieren :D.
Die restlichen Bilder von Gandhi Jayanthi
Letzens gab es endlich mal wieder Regen!
Um das gebühred zu würdigen ging es ab nach draußen auf einen Regentanz.
Außerdem habe ich mir mal eine nicht blaue Kurta zugelegt, mit der ich aussehe wie aus einem Bollywood-Film. Lustiger Weise finden die meisten Inder diese Farbenfrohheit tatsächlich am besten.
















































































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