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  • AutorenbildJ. Kar

Advent, Advent schon das dritte Lichtlein brennt

Aktualisiert: 5. Jan. 2019

In den letzten Wochen ist unglaublich viel passiert.

Ich war das erste Mal in einer Kirche und in einem Tempel, war auf einer christlichen Hochzeit, durfte für mein Zwischenseminar nach Tranquebar (Tamil Nadu) reisen, wurde dort das erste Mal indisch krank, wurde wieder gesund und nahm am Seminar teil, hatte anschließend zusammen mit den anderen fünf Freiwilligen Läuse, bin diese wieder losgeworden und war in Gandikota (ein Canyon in der Nähe). Das mal so als kurze Zusammenfassung.



In der Kirche war ich mit meiner Gastmutter, welche mir und drei anderen Freiwilligen unbedingt mal ihre Gemeinde zeigen wollte. Als wir dort ankamen, war der Gottesdienst schon in vollem Gange. Deswegen beeilten wir uns damit unsere Schuhe ins Regal zu stellen, unsere Köpfe zu bedecken und den richtigen Eingang zu finden. Es gibt nämlich einen für Männer und einen für Frauen. Und nicht nur beim Eintreten wurde man separiert. Auch während des gesamten Gottesdienstes saßen die Frauen auf der linken Seite des Kirchenraumes und die Männer auf der rechten. Anders als in Deutschland wird auf dem Boden gesessen, nur für die älteren Besucher gibt es im hinteren Bereich ein paar Stühle.

Kurz nach unserem Eintreffen gab es die Gebetszeit. Dafür kauerten wir uns auf den Boden und lauschten den Worten der Betenden. Anders als es bei uns häufig ist, wurde nämlich nicht nur vom Pastor vorgebetet. Jeder durfte das Wort ergreifen.

Anschließend an die Gebetszeit gab es dann die Predigt. Der Pastor erklärte freundlicher Weise vorher kurz auf Englisch worum es in der Predigt gehen würde, da diese auf Telugu war. Und auch wenn ich ihn deswegen nicht verstehen konnte, war es doch sehr interessant ihm zu zuhören. Nach der Predigt gab es Abendmahl. Dafür blieben alle sitzen und wer teilnehmen wollte, musste sich melden, damit einem der Saft und das Gebäck gebracht werden. Das Gebäck war ein geschmackloser fettiger Krümelteig und den Saft konnte ich geschmacklich leider nicht identifizieren, er war auf jeden Fall sehr sehr süß. Was ich wirklich angenehm fand war, dass jeder „indisch“ aus dem Becher getrunken hat. Dadurch, dass somit keiner den Becher wirklich berührt hat, konnte man selbst ohne den großen Ekel am Abendmahl teilnehmen.
















Ein paar Tage nach der Kirche ging es dann zusammen mit dem Tuk Tuk Fahrer unseres Vertrauens und unseren zwei Gastgeschwistern in den Tempel. Da wir abends gingen, waren dessen weiße Mauern wunderschön beleuchtet. Auf dem Platz vor dem Tempel standen Kühe, um sie herum standen kleine Reihen von Menschen, welche darauf warteten diese zu berühren. Als wir den Tempel betraten musste ich feststellen, dass die untere Etage des riesigen Gebäudes komplett leer war. Der ganze Trubel spielte sich nur in dem oberen Teil des Tempels ab. Dort waren manche Leute gerade am Beten, manche zündeten Kerzen an, manche aßen und manche warteten auf den Segen. Mitten auf dem Platz war ein Zimmer, welches von einem roten Vorhang verdeckt wurde. Davor saßen zwei lange Schlangen von wartenden Menschen. Kurz nach unserer Ankunft klingelte eine Glocke und es wurde preisgegeben, was sich hinter dem Vorhang verbarg. Es war eine große goldene Statue, vor ihr standen Schüsseln mit Blumen, Reis und buntem Pulver, neben ihr stand ein Mann, welcher begann die Statue mit den Dingen aus den Schüsseln zu bedecken und dabei singend zu beten. Als er damit fertig war begab er sich zu den Wartenden um sie zu segnen. Die Prozedur dauerte ca. 15 Minuten, anschließend wurde der Vorhang wieder geschlossen und die Gesegneten gingen wieder. Das alles wurde im fünf Minuten Takt wiederholt. Nachdem ich mir auch die restlichen vier Altare angeschaut und die anderen wiedergefunden hatte, ging es auch schon wieder zurück, da wir bei all den neuen Eindrücken komplett die Zeit vergessen hatten.


(Die Bilder von uns auf dem Tempelgelände sind nicht respektlos verstanden worden, da viele der anderen Besucher ebenfalls Bilder von sich schießen lassen haben.)


Dafür, dass es so lange gedauert hatte, bis ich überhaupt in einer Kirche und einem Tempel war, war ich in dieser Woche sogar gleich des Öfteren dort. Grund dafür war die Hochzeit eines ehemaligen Aarti Mädchens, welches sich bei ihrer Arbeit in Bangalore in einen Kollegen verliebt hatte.

Einen Tag vor der Hochzeit gingen wir ins Village, dort wurde die Braut von den dort Anwesenden gesegnet. Dazu schüttete man erst etwas gelbgefärbten Reis auf ihren Scheitel und tupfte ihr anschließend etwas rotes Pulver auf die Stirn. Nach der Segnung ging sich die Braut säubern und umziehen, damit sie für das anschließende Fotoshooting gut aussah. Nachdem jeder eine gute Anzahl an Bildern geschossen hatte, bereiteten sich alle für die darauffolgende Henna-Session vor. Wir setzen uns alle in einen großen Kreis und ließen unsere Hände mit den schönsten Mustern verzieren. Als jeder bemalt war, wurde die Veranstaltung pausiert und jeder ging nach Hause um sich für den zweiten Teil zurecht zu machen. Denn keine zwei Stunden später wurden wir wieder abgeholt, um für den offiziellen Teil in eine Festhalle gebracht zu werden. Der Saal war geschmückt mit vielen bunten Blumen und die zahlreichen Stuhlreihen verrieten, dass zum zweiten Teil wesentlich mehr Gäste kommen würden als zum ersten. Tatsächlich kamen so viele Gäste, dass ein Teil der Menge vor der Glastür warten mussten, bis drinnen wieder etwas mehr Platz war.

Die Veranstaltung an sich war wieder auf Telugu, aber da gebetet und gesungen wurde schätze ich, dass es eine Art Andacht über das Thema „Ehe“ oder „Liebe“ war. Nach der Andacht gab es noch ein Fotoshooting und parallel dazu Dinner. Als jeder dem Brautpaar gratuliert und gegessen hatte, ging es auch schon wieder nach Hause. Am nächsten Tag trafen sich dann alle in der Kirche zum Traugottesdienst zusammen. Es war diesmal eine andere Kirche. Viel größer und moderner als die in der ich vorher war. Wieder saßen Männer und Frauen getrennt und wieder galt es sich zu bedecken. Der Ablauf an sich ist jedoch nicht wirklich anders gewesen als bei uns. Es wurden nach der Predigt Gelübde aufgesagt, die Ringe wurden getauscht und schon waren die beiden verheiratet.


Glücklicher Weise konnte ich die Hochzeit noch miterleben, denn schon zwei Tage später ging es für Birthe und mich los nach Tranquebar, wo unser Zwischenseminar stattfinden sollte. Nachdem wir 14 Stunden Zug gefahren waren, kamen wir am Sonntagmorgen ganz früh in Karaikal an. Von dort aus wollten wir mit dem Bus weiter nach Tranquebar. Da wir jedoch in dem Ort keine Orientierung hatten und uns den Weg zum Busbahnhof erfragen wollten, waren wir sehr froh einen sehr netten Mann im Zug kennengelernt zu haben. Es war ein Schulleiter aus Karaikal, welcher freundlicherweise anbot uns bis zum Busbahnhof mit zu nehmen. Erfreut über dieses Angebot taumelten wir ihm schlaftrunken am Bahnsteig hinterher. Kurz bevor wir die Straße erreichten, kam eine westlich aussehende Frau auf uns zu, welche uns mit einem gutgelaunten „Guten Morgen!“ empfing. In dem verschlafenen Zustand dauerte es ein paar Momente, bis ich verstand, dass es eine der beiden Seminarleiterinnen war. Wir hatten ihr zwar nicht gesagt, wann wir wo ankommen, aber da die Gegend sehr dörflich ist und nicht viele Züge am Tag fahren, hatte sie eins und eins zusammengezählt und uns eine Freude machen wollen.

Da wir aufgrund der schlechten Verbindungen einen Tag früher angekommen waren, wurden von ihr und einem Fahrer in ein Hotel direkt am Strand gebracht. Dort verbrachten wir unsere erste Nacht, da unsere eigentliche Unterkunft noch nicht fertig war. Nach einer weiteren Stunde Schlaf, einer Dusche und einem kurzen Strandspaziergang trafen wir endlich ein paar der anderen Freiwilligen. Beinahe alle der anderen Seminarteilnehmer stellten sich als sechsmonatige Freiwillige heraus, welche demnach erst seit drei Monaten in Indien waren. Es war irgendwie ein komisches Gefühl, da wir bereits kurz vor unserer Halbzeit standen (welche bei ca. sechs Monaten ist) und wir somit die Gesamtzeit von den andern beinahe schon hinter uns hatten.

Trotzdem war es sehr interessant andere Freiwillige kennenzulernen und mit ihnen Erfahrungen und Erlebnisse austauschen zu können.

Themen des Seminars waren z.B. vergangene Projekte, Ziele, Stereotypen, und die Rückkehr nach Deutschland. Letzteres wurde mir persönlich zu stark thematisiert, da mir dadurch klar geworden ist, wie wenig Zeit mir hier nur noch bleibt und ich mich deshalb lieber mit dem hier und jetzt beschäftige.

Nachdem wir von Montagmittag bis Samstagvormittag am Seminar teilgenommen hatten, ging es am Samstagabend wieder nach Hause. Genau pünktlich um den ersten Advent zu feiern.

Am Abend merkten wir jedoch leider, dass wir nicht alleine feierten. Jeder von uns hatte Läuse. Aufgrund dessen gab uns Sandhyamma den nächsten Tag frei, damit wir unsere Wäsche und uns selbst behandeln konnten. Glücklicher Weise sind wir die Viecher nun wieder los, aber da die meisten Kinder im Village beinahe dauerhaft Läuse haben und ich mich dadurch nicht abhalten lasse mit ihnen zu spielen und sie zu kuscheln, ist es gut möglich, dass es nicht die einzige Läusegeschichte bleibt.

Seit Ewigkeiten planten wir einen Ausflug zum nahegelegenen Canyon ‚Gandikota‘ zu machen. Wir müssten es aus den verschiedensten Gründen jedoch immer wieder verschieben und hatten schon Angst, den Ausflug ganz absagen zu müssen. Doch letzte Woche klappte es endlich.

Wir fuhren morgens zusammen mit der Leiterin der Pre-School los und durften nach zwei Stunden Fahrt einen unglaublich schönen Blick über den Canyon genießen. Nach gefühlt 100 Bildern und etwas meditativer Ruhe gingen wir weiter um einen alten Tempel auf dem Grundstück zu erkunden. Da dieser jedoch gerade restauriert wurde gab es nicht so viel zu sehen, also gingen wir weiter zum Nächsten. Es war eine riesige Anlage, aber der Tempel an sich war geschlossen. Da wir offensichtlich einen unglücklichen Zeitpunkt für die Tempel erwischt hatten, blieb der Canyon auf jeden Fall das Highlight des Tages.



Nächste Woche geht es für mich und meine Mitfreiwilligen in den Winterurlaub und anschließend daran bekomme ich Besuch aus Deutschland, weswegen das vermutlich der letzte Eintrag dieses Jahr ist. Aus diesem Grund möchte ich dir an dieser Stelle schon mal frohe Weihnachten und ein ganz tolles neues Jahr wünschen!


Weihnachtliche Grüße aus Indien,

Zia


"Follow the colours of your dreams!"

"The most effective way to do it, is to do it."




Die restlichen Bilder vom Zwischenseminar:

Tranquebar ist eine kleine Stadt direkt am Meer. So konnten wir unsere freie Zeit ganz entspannt am Strand verbringen.

Zum Abschluss der Woche wurden wir von den Seminarleiterinnen in ein Restaurant mit Pool eingeladen.





Ich war die ganze Zeit schon traurig gewesen, dass ich dieses Weihnachten aussetzen müsste.

Dank meiner Mitfreiwilligen und meiner Familie muss ich dieses Jahr doch nicht komplett auf Weihnachten verzichten. Links mein Adventskalender, daneben das Nikolausgeschenk einer Mitfreiwilligen, daneben das Nikolausgeschenk von mir und einer Mitfreiwilligen und ganz rechts unser Adventskranz. So ist es gar nicht mehr so schwer trotz 30 Grad und 9.000 km Entfernung zu Freunden und Familie in Weihnachtsstimmung zu kommen.


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